Eindrucksstau

Ausschnitt aus der Skulptur mit Looping
Die begehbare Skulptur „Tiger and Turtle“ auf der Heinrich-Hildrebrand-Höhe in Duisburg

Mehr als zwei bewegte Wochen liegen hinter mir – mit dem Besuch einer schwimmenden Ausstellung, einer Performance und weiteren Ausflügen zu Halden.

In den vergangenen zwei Wochen passiert es: Die Zeit rast – und ich komme mit dem Bloggen nicht hinterher. Ich bin viel unterwegs gewesen, einmal innerhalb von Gelsenkirchen umgezogen, habe in einer intensiven Arbeitsphase einen Text für die Abschlusslesung verfasst, zwei Lesungen gestaltet, inklusive Präsentation der Ergebnisse aus den beiden Schreibwerkstätten im Juli und August … zwischendrin den nächsten Blogpost begonnen, aber aus Zeitgründen leider nicht fertiggestellt. Das hole ich jetzt nach – mit einem Rückblick auf Highlights der vergangenen drei Wochen. (Noch nicht dabei: die beiden Lesungen. Die folgen in einem separaten Post.)

Schwimmende Ausstellung


Mitte August (16./17.08.) macht das Ausstellungsschiff des Schweizer Museums Tinguely in Gelsenkirchen Halt. Ich habe Glück und ergattere Zutritt zur Ausstellung: Im Bauch des umgebauten Frachters MS Evolutie werden künstlerische Stationen von Jean Tinguely erläutert, darunter auch Gelsenkirchen, wo Tinguely 1958/1959 an der Ausstattung des Musiktheaters beteiligt war. Während ich durch den in warmen Farben gestalteten Ausstellungsraum gehe, ist von oben das Prasseln und mechanische Funktionieren der Brunnenplastik an Deck zu hören: Die Schwimmwasserplastik versprüht Wasser in alle Richtungen und erzeugt so unter anderem das behagliche Geräusch von Regen im Bauch das Schiffs – auf diese Weise ist die Plastik nicht nur von außen, an Deck und vom Ufer aus, sichtbar, sondern auch im Bauch des Schiffs (akustisch) präsent.

Durchgehend lächeln (vor Begeisterung!) muss ich während der beiden Aufführungen der Performance Body Instruments von Nevin Aladağ im Begleitprogramm der Ausstellung: Ein Performer trägt verschiedene Instrumente am Körper, nämlich eine Trommel auf dem Kopf, zwei Akkordeons unter den Armen und Schellen an den Unterschenkeln. In einer surrealen Mischung aus Anmut und Komik wandelt er mit entrücktem Blick umher wie ein exotisches Tier, das seinen Bau kurzzeitig verlassen hat, ein paar unwillkürliche Bewegungen vollführt (und dadurch die Instrumente bedient), mal wie in Zeitlupe, mal heftig stampfend, und sich wieder zurückzieht. Die Eleganz und Körperbeherrschung einerseits, die Unbekümmertheit andererseits machen dieses Stück experimentelle Musik für mich sehr ausdrucksstark.

(Mehr über die Ausstellung und die Route des Schiffs von Paris unter anderem über das Rhein-Ruhr-Gebiet nach Basel erfährt man auf der Website des Museums.)

Halden-Highlights


Ich besichtige drei sehr sehenswerte Halden: Die Halde Hoheward in Herten mit dem markanten Horizont-Observatorium, die Halde Beckstraße in Bottrop mit dem ebenfalls einprägsamen Tetraeder sowie die Heinrich-Hildrebrand-Höhe in Duisburg mit der achterbahnartigen, begehbaren Skulptur Tiger and Turtle.

Neben den Ausblicken bin ich von den Skulpturen begeistert, besonders von Tiger and Turtle: Die verschlungenen Treppen sind sicher nichts für Leute mit Höhenangst oder Schwindelanfällige, sprechen aber meinen Spieltrieb an. Die Skulptur schwingt ein wenig, wenn man darauf geht, und lädt regelrecht dazu ein, ein wenig auf den Stufen herumzutollen, eröffnet alle paar Meter neue, fotogene Perspektiven – ein sehr gelungenes Kunstwerk von Heike Mutter und Ulrich Genth.

Als Ort hingegen gefällt mir die Halde Hoheward ganz besonders gut. Zwar ist die Skulptur leider abgesperrt (seit etwa zwei Jahren schon, wie ich erfahre), doch das große Plateau auf der Spitze der Halde ermöglicht einen kleinen Spaziergang. An dem Nachmittag, als ich die Halde besuche, hält sich der Publikumsandrang in Grenzen und verteilt sich gut dort. Es nieselt und ist windig, graues, unwirtliches Wetter, das jedoch wunderbar zum Ort passt (und auch zu meiner Stimmung an dem Tag) – es lässt ihn noch einmal reizvoller erscheinen, erinnert an Mondlandschaft oder vielleicht doch eher Island. Ich genieße es, den Wind um mich herum jagen zu fühlen, meinen Kopf geradezu wörtlich auslüften zu können und breite die Arme etwas aus, um den leichten Druck der umherwirbelnden Luft zu spüren.

Denkwürdige Aussichten

An einer Hauswand an der Bochumer Straße Ecke Munscheidstraße in Ückendorf ist neu plakatiert worden. Mit dem Effekt, dass ich, während ich an der Fußgängerampel warte, nun lese: „Jesus Christus – brennt’s bei Dir?“

Zwei Plakate nebeneinander: "Jesus Christus – Dieser ist wahrhaftig der Heiland der Welt!" und "Brennt's bei Dir? Sexuell übertragbare Infektion? ..."
Frisch plakatiert an der Munscheidstraße

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