In den vergangenen Tagen begebe ich mich mit vier Interessierten auf (Schreib-)Expedition, besichtige ein Atelier und erfahre etwas über die Zukunft von Gelsenkirchen.
Expedition Horst
Am Wochenende (31. Juli/1. August) fand meine erste Schreibwerkstatt statt. Vier Interessierte sind zum Schreiben in die Stadtbibliothek Horst gekommen. Gemeinsam haben wir das Viertel erkundet und dabei auf unsere Wahrnehmungen geachtet: Was lässt sich sehen, hören, riechen, tasten, vielleicht auch schmecken? Zum Beispiel im Schlosspark, wo uns – von den Teilnehmenden vorgeschlagen – die erste Schreibeinheit hinführt. Oder auf der Essener Straße, der nahegelegenen Einkaufsstraße. Oder an einem selbstgewählten Ort. Am zweiten Tag entwickelt die Gruppe gemeinsam einen Krimi, der im Viertel spielt … Nach und nach entspinnt sich ein Netz aus Geschichten und Beobachtungen, die uns den Stadtteil vertrauter machen. Ganz unterschiedliche Texte bringen kleine Details regelrecht zum Leuchten: die Lichtflecken auf den Gehwegen im Schlosspark, die grün umrankten Bögen auf dem Josef-Büscher-Platz, die Glashalle am Eingang von Schloss Horst …
Die Ergebnisse der Schreibwerkstatt werden bei meiner Abschlusslesung im September zu hören sein (der genaue Termin wird demnächst bekanntgegeben und wird unter „Termine“ zu finden sein).
Bei der Gelegenheit ein Tipp: Es gibt noch Plätze in der Schreibwerkstatt am kommenden Wochenende (14./15. August) in Ückendorf. Anmelden kann man sich bis zum Donnerstag (12. August). Weitere Infos unter „Termine“ sowie in der Pressemitteilung der Stadtbibliothek Gelsenkirchen.
Zu Gast bei der Kunst
Diese Woche darf ich die Gelsenkirchener Künstlerin Claudia Lüke in ihrem Atelier in Schalke besuchen. Sie zeigt mir ihre Arbeiten und erzählt mir, wie sich darin die jeweiligen Aufenthaltsorte bemerkbar machen. Sie ist viel herumgekommen, was die Sache spannend macht: In einem Künstlerhaus in Australien sind Bilder und Objekte entstanden, die eine rötliche Farbpalette und Sand als Material einsetzen sowie teils in größerem Format gehalten sind – alles unter dem Eindruck der Landschaft; auf Gotland hingegen hat sie Bilder von Strand und Strandhäusern gemalt. Mich beeindruckt, wie produktiv und schnell sie auf Umgebungen, die sie erkundet, künstlerisch reagiert hat.
Ein Exemplar aus ihrer neuesten Serie „ad2ap“ gibt mir Claudia Lüke mit: eine Mund-Nase-Maske, die sie aus einer zerschnittenen (bemalten!) Leinwand von sich gefertigt hat – ein Sinnbild für die Zerstörung während der Coronapandemie. (Ich bin eingeladen, mich in meinem Arbeitskontext mit der Maske zu fotografieren und auf diese Weise zum Kunstprojekt beizutragen, was ich demnächst machen möchte.) Derzeit arbeitet Lüke zusammen mit Uwe Jesiorkowski an einer Fotoserie von Menschen aus Berufsgruppen, die von der Pandemie bzw. den Maßnahmen besonders betroffen sind, mit solchen Masken.
Ein Blick in die Zukunft
Das war schon überfällig: ein Besuch im viel empfohlenen Nordsternpark (bisher stand ich lediglich einmal beim Nordsternturm, zu den Füßen der viel diskutierten Herkules-Statue von Markus Lüpertz). Diese Woche nehme ich mir etwas mehr Zeit. Bei einer Führung mit Pavlos Schlotter von der Stabsstelle IGA 2027 erfahre ich, was sich die Stadt für die Internationale Gartenschau in der Metropole Ruhr überlegt hat – Gelsenkirchen wird neben Duisburg und Dortmund einer der drei Hauptschauplätze sein und hierfür den Nordsternpark umgestalten und bespielen.
Bei unserem Spaziergang wird mir fast schwindlig davon, wie sich unterschiedliche historische Schichten hier niedergeschlagen haben und das Bild prägen: Nach wie vor sind die Spuren des früheren Steinkohlebergwerks nicht zu übersehen, schon aufgrund von augenfälligen Gebäuden wie dem Kohlebunker. Nachdem die Schächte 1993 stillgelegt (oder, wie ich lerne, „abgeworfen“) wurden, folgte eine nächste Nutzung durch die Bundesgartenschau 1997, für die das Gelände zur Naherholungsfläche umgestaltet wurde – unter anderem mit der markanten Doppelbogenbrücke. Eine nächste, dritte Schicht kam im Kulturhauptstadtjahr 2010 hinzu, als der Herkules auf dem Nordsternturm landete. Zusätzlich schwebt über all dem eine weitere Schicht, die sich derzeit noch nicht im Gelände niedergeschlagen hat, dafür aber in Skizzen, Entwürfen und Wettbewerben: die Planungen für die IGA 2027. Die Stadt hat u.a. unter den Stichworten Mobilität und ökologischer Umbau einiges auf dem Gelände vor (besonders anschaulich für mich: die geplante Fassadenbegrünung des Kohlebunkers und die anstehende Renaturierung von Emscher und Schwarzbach). Damit wird die Insel zwischen Rhein-Herne-Kanal und Emscher bei der IGA 2027 zur „Zukunftsinsel“. (Nachzulesen gibt es hierzu allerhand, etwa im Konzept der IGA 2027 und in der Vorstellung des Nordsternparks als Herzstück der IGA in Gelsenkirchen; und wer das Gelände nicht kennt, kann sich im Panorama einen Überblick verschaffen.)